Familienhaus Staldern Regensberg
Das Burgstädtchen Regensberg liegt im Zürcher Unterland am östlichen Ausläufer der Jurakette. An höchster Stelle liess der Gründer Lütold V um 1245 den savoyischen Rundturm erstellen, der heute das Wahrzeichen des Städtchens ist.
Regensberg hat bis heute den einstigen Grundriss mit den drei Hauptteilen Schloss, Oberburg und Unterburg bewahrt.
Bauen im denkmalgeschützten Ort ist eine heikle Sache. Jedes Bauprojekt untersteht der übergeordneten Schutzverordnung.
Unser Neubau liegt auf einer Parzelle am westlichen Ende des Städtchens an einem schräg abfallenden Hang Richtung Süden und wird von zwei Strasse flankiert, welche die Parzelle gegen Osten zu einem Spitz zusammenlaufen lassen.
Diese topographische Gegebenheit bestimmt das Neubauprojekt wesentlich. Der Neubau ist in seinem Grundriss trapezförmig, im Osten schmal (3.5m) und gegen Westen immer breiter (9m) und zieht sich über eine Länge von 40m hin. In der Mitte wird der Körper durch ein verglastes Treppenhaus unterbrochen und teilt so den Bau zu zwei in sich geschlossen wirkenden Bauvolumen.
Die Süd- und Nordfassade werden durch die beiden flankierenden Strassen bestimmt. Auf der Nordseite wird die Gebäudelinie zweimal durch eine Ausstülpung unterbrochen, welche parallel zur südlich liegenden Boppelserstrasse verläuft. Damit wird die Situation der Parzelle im Gebäude wahrnehmbar und ermöglicht so einmalige Sichtbezüge zum historischen Burgstädtchen und dem markanten Rundturm.
Die umgekehrte Situation findet auf der Südseite in den Loggias statt. Die Glasfront liegt parallel zur nördlichen Staldernstrasse. Dieses Wechselspiel mit den Strassenlinien ergibt wiederum die Form eines Trapezes der Grundrisse der Wohnzimmer und der Loggias.
Der fallende Giebel ist die Folge des sich verengenden und auf den Spitz zulaufenden Grundrisses, den horizontal verlaufenden Dachkanten (im Norden um einen Meter höher) und der gleichbleibenden Neigung des Daches je Seite. Der Dachverlauf übernimmt so auch in der Vertikalen die Situation und die Topographie des Ortes.
In jedem Hausteil sind drei Wohnungen übereinander, welche sich in Grundriss, Höhen und Proportionen unterscheiden. Das Zentrum jeder Wohnung bildet das Wohnzimmer, welches durch die Überhöhung (3.4m) und die raumhohen Verglasungen gegen Süden räumlich geprägt wird. Das Wechselspiel zwischen den teils verwinkelten, engen und „burgig“ anmutenden Nebenräumen und den offenen und lichtdurchflutenden, wie ein öffentlicher Platz wirkenden Wohnzimmern verleihen den einzelnen Wohnungen ihre Qualität und räumliche Spannung.
Die konsequente Anwendung der Höhenversätze in den einzelnen Wohnungen ermöglichen in den beiden Dachwohnungen Grundrisse, die sich in der Vertikalen orientieren, d.h. Zimmer sind wegen der engen Situation übereinander angeordnet und sind halbgeschossig zum Wohnraum versetzt.
Der architektonische Ausdruck wird einerseits durch die Lage des Grundstücks mit der einmaligen Panoramasicht nach Süden und anderseits durch den historischen Bezug zum Burgstädtchen bestimmt.
Die Wohnungen orientieren sich ganz klar nach Süden und Osten (Städtchen). Die sehr langen, teilweise übereck verglasten und 2m hohen Bandfenster sowie die vollverglasten Loggias ermöglichen eine einmalige Weitsicht bis zu den Glarner Alpen. Dieses Spiel mit den Proportionen der Fensterflächen, den überlangen Bandfenstern und den überhöhten Loggias im Zentrum der beiden Häuser, täuschen das Auge, die einzelnen Wohnungen sind nach aussen nicht mehr ablesbar. Die Nordfassade dagegen zieht sich eher zurück, hinterlässt einen introvertierten Eindruck. Der „burgige“ Charakter, der durch die geschlossene Fassade und die „Schiessscharten“-ähnlichen Fenstern entsteht, ist eine Hommage an die historische Bausubstanz von Regensberg.
Diese Wechselbeziehung mit den offenen und geschlossenen Fassaden spielt auch mit der Zeitgeschichte.
Bei der Gründung von Regensberg wurden aus Sicherheitsgründen die Aussenfassaden geschlossen gehalten und nur spärlich mit kleinen Fenstern, “Schiessscharten“ versehen. Die einzelnen Häuser bildeten so zusammen die Festungsmauer. Die Innenfassaden orientierten sich verstärkt auf das Zentrum der Burg mit Fenstern und grösseren Öffnungen.
Die heutigen Bedürfnisse und Anforderungen verlangen genau das Gegenteil, Aus- und Weitsicht ergänzt mit Rückzugsmöglichkeiten in den eigenen vier Wänden.
Frank Schäfer dipl. Architekt ETH, Regensberg